
Der Teufel, das Weihwasser und die Einwilligungen der Tierbesitzer - Teil 2
Wie bereits im ersten Artikel zu dem Thema angekündigt, gibt es hier noch einige weitere Informationen zu Einwilligungen im Rahmen der DSGVO.
Zwischenzeitlich hat sich ja noch an einem - leider sehr praxisnahen - Beispiel gezeigt, was mit Einwilligungen alles passieren kann. Dieser Fehler passierte nicht wegen dem Inhalt sondern wegen der Form.
In diesem Artikel schauen wir uns Einwilligungen noch unter einem dritten Aspekt an, dessen man sich bewusst sein muss: die Wechselwirkung mit dem rechtlichen Umfeld - und hier ganz konkret: das Koppelungsverbot.
Zur Einstimmung hier noch mal das Credo eines Datenschutzbeauftragten:
Der Datenschutzbeauftragte scheut die Einwilligung wie der Teufel das Weihwasser.
Und weil wir bereits im zweiten Artikel zu diesem Thema sind, an dieser Stelle ein weiterer Leitsatz:
Das Koppelungsverbot ist der schleichende Tod der Einwilligung.
Werte Tierärztin, werter Tierarzt, der Sie bei Ihren Kundinnen und Kunden mittels Ihres Aufnahmeformulars personenbezogene Daten erheben und hierbei unter Umständen zwischen einer und fünf (oder gar noch mehr - mein bisheriger Rekord liegt bei neun) Einwilligungen einholen…
Wissen Sie eigentlich, was das „Koppelungsverbot“ ist?
Das sollten Sie unbedingt, denn es ist untrennbar mit der Einwilligung verbunden und es kann Ihnen das Leben ganz schön schwer machen.
Ganz vereinfacht besagt es, dass Ihre Kundin/Ihren Kunden die Einwilligung zwanglos geben muss. Man kann auch sagen: „Wenn – dann“ ist in Ordnung während „Wenn nicht – dann“ ebensowenig in Ordnung ist wie „Wenn nicht – dann nicht“.
Und im Gesetz ist das in Artikel 7 DSGVO „Bedingungen für die Einwilligung“ in Absatz 4 folgendermaßen formuliert:
„Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.“
In zugehörigen Erwägungsgrund 42 „Beweislast und Erfordernisse einer Einwilligung“ steht ergänzend:
„Es sollte nur dann davon ausgegangen werden, dass sie [Anm.: eine Person] ihre Einwilligung freiwillig gegeben hat, wenn sie eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden.“
Und Erwägungsgrund 43 sagt folgendes:
„Um sicherzustellen, dass die Einwilligung freiwillig erfolgt ist, sollte diese in besonderen Fällen, wenn zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen ein klares Ungleichgewicht besteht, insbesondere wenn es sich bei dem Verantwortlichen um eine Behörde handelt, und es deshalb in Anbetracht aller Umstände in dem speziellen Fall unwahrscheinlich ist, dass die Einwilligung freiwillig gegeben wurde, keine gültige Rechtsgrundlage liefern.
Die Einwilligung gilt nicht als freiwillig erteilt, wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“
Lange Rede - kurzer Sinn: Weshalb das Ganze?
Wenn Sie eine Bedingung an eine Einwilligung knüpfen, besteht die Gefahr, dass die Grundlage der Verarbeitung, die auf dieser Einwilligung aufbaut, wegfällt.
Ab besten ein Beispiel. Kürzlich sah ich folgende Konstruktion:
Bitte ankreuzen:
…(hier steht eine erste Einwilligung, die nicht zu Sache beiträgt)
Ich willige mit meiner Unterschrift zur Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten gemäß Datenschutzerklärung ein. Mir ist bewusst, dass ich diese Einwilligung jederzeit schriftlich widerrufen kann.
Diese Einwilligungen sind Voraussetzung dafür, dass eine Behandlung Ihrer Tiere durchgeführt werden kann.
Das ist wohl ein Paradebeispiel für “Wenn nicht – dann nicht“. Wenn Du nicht einwilligst, gibt es keine Behandlung. Also klassisch „Die Pistole auf die Brust gesetzt“.
Das mag jetzt schon wieder der Worst Case sein, aber das Problem ist doch, dass man bei einem Sammelsurium von Einwilligungen viel mehr im Blick haben muss. Je nachdem verursacht man damit einfach überflüssige Diskussionen mit neunmalklugen Kunden.
Und weshalb das Ganze, wenn man sich das auch sparen kann.
Und mit diesem Blick möchte ich Sie nun bitten, mal Ihre Einwilligungen durchzugehen.
- Wie im Detail gestalten Sie Ihren konkreten Betriebsablauf, wenn Ihnen Ihr Kunde eine mögliche Einwilligung wie „Ich willige ein, dass mich die tierärztliche Praxis/Klinik telefonisch über Laborergebnisse und Terminplanung informiert.“ nicht gibt?
- Wie im Detail gestalten Sie Ihren konkreten Betriebsablauf, wenn Ihnen Ihr Kunde eine mögliche Einwilligung wie „Ich willige ein, dass mich die tierärztliche Praxis/Klinik per Post informiert.“ nicht gibt?
- Und wie im Detail gestalten Sie Ihren konkreten Betriebsablauf, wenn Ihnen Ihr Kunde keine der beiden oben genannten Einwilligungen gibt?
Im letzten Fall gibt es wohl nur eine Lösung: Sie sagen Ihrem Kunden, er solle in zwei Tagen vorbeikommen und die Laborergebnisse persönlich abholen.
Nun stellen Sie sich in einem weiteren Schritt vor, dass nicht nur ein Kunde dies macht, sondern viele – in unterschiedlicher Kombination der oben aufgeführten Möglichkeiten.
Wie bitteschön sollen das Ihre MitarbeiterInnen für die Zukunft fehlerfrei verwalten? Und wir reden hier nur über zwei Einwilligungen und deren Kombinationsmöglichkeiten.
Haben Sie sich eigentlich schon mal ausgerechnet, wie viele Kombinationsmöglichkeiten sich mit fünf Einwilligungen ergeben?
Ja – richtig: Es sind läppische 25 verschiedene Möglichkeiten. Diese fehlerfrei zu verwalten? Nichts leichter als das… Aber wollten Sie nicht eigentlich gute Tiermedizin leisten?
Glauben Sie ernsthaft, dass es die Intention der Neuregelungen im Datenschutz ist, solche Situationen herbei zu beschwören? Oder mag das vielleicht einfach an einer „optimierungsfähigen“ Umsetzung liegen?
Und nun bedenken Sie bitte: Nix da mit Pistole auf die Brust, wie oben am Beispiel dargestellt.
Wo immer Sie auf Einwilligungen setzen, kann Ihnen der Kunde im Zweifelsfall auf der Nase herumtanzen und Sie können nicht einfach sagen, sie werden sein Tier nicht behandeln, weil er Ihnen mit seiner Kombination von Einwilligungsgabe zuviel Arbeit verursacht. Denn Sie müssen das Koppelungsverbot beachten, in das Sie sich selbst mit Ihren Einwilligungen hineinmanövriert haben.
Fazit:
Die Einwilligung ist nicht einfach nur ein Spielzeug im Datenschutz, das man je nach Gutdünken nutzt. Als „letzte Chance, eine Rechtsgrundlage für die erwünschte Verarbeitung der Daten zu bekommen“ (weil andere Rechtsgrundlagen nicht ausreichen), werden vom Gesetzgeber und von den überwachenden Stellen hohe Anforderungen an den Umgang mit Einwilligungen gestellt.
Datenschutzbeauftragte suchen deshalb immer Wege und Alternativen, Einwilligungen zu vermeiden. Das sollten Sie unbedingt auch bedenken, denn die beste Praxisverwaltungssoftware bietet keine Möglichkeiten, dies sinnvoll zu verwalten.
Damit steigt der Aufwand und Fehler sind ständig vorprogrammiert. Das war weder Ziel der Gesetzgeber noch kann es Ihr Ziel sein. Deshalb: Trennen Sie sich von dem Sammelsurium von Einwilligungen.
Es geht auch anders. Suchen Sie sich für Ihr Handeln eine vernünftige, Rechtsgrundlage, die frei von irgendwelchen Verboten ist und nicht ständig irgendwelche Diskussionen aufwirft. Sie werden Ihre datenschutzrechtliche Argumentation in Ihren Aufnahmeformularen stärker auf Art. 6 Abs. 1 lit. b) ausrichten und anpassen müssen. Eine Musterlösung gibt es leider nicht. Es ist immer an Ihrem Arbeiten ausgerichtet. Deshalb kann ich hier nicht einfach schreiben, es ginge so und so. Aber der zusätzliche Zeitaufwand lohnt - in jedem Fall.
Datenschutz kann auch einfach sein…
